Geschichte von Niedernberg
Eingegliedert in die Kette linksmainischer Städte und Gemeinden liegt Niedernberg zwischen Aschaffenburg und seiner vormaligen Kreisstadt Obernburg. Bestimmend für die Landschaft um Niedemberg ist die weiträumige Öffnung des engen Maintales nach Westen in das fruchtbare Altsiedelland des Bachgaues. Von den Randzonen des Odenwaldes über die Hanauer Senke findet sie bis hin zur ausgedehnten Rhein-Main-Ebene ihre Fortsetzung.
Jungsteinzeit
Die ältesten, auf menschliches Leben hindeutenden Funde in Niedernberg, reichen bis in die Jungsteinzeit (ca. 2000 v. Chr.) und Urnenfelderzeit (1000 v. Chr.) zurück. Die aufschlussreichen Funde belegen über weite Zeiträume hinweg Wanderungsströmungen und Siedlungsräume des umherziehenden und letztlich sesshaft werdenden Jägers und Bauern. Der Mensch wurde Ackerbauer und Viehzüchter.
Die Römer in Niedernberg
Einen markanten Zeitabschnitt bildete die Römerherrschaft um die Zeitenwende.
Niedernberg war Kastellstandort am „Nassen Limes“ oder „Mainlimes“, wie die römische Reichsgrenze zwischen Großkrotzenburg und Miltenberg genannt wird. Der Mainlimes ist Teil des „Obergermanisch-Rätischen Limes“, der eine Gesamtlänge von 550 km aufweist. Im Jahr 2005 wurde der „Limes“ zum Weltkulturerbe erhoben. Die römischen Kastelle entlang der Mainlinie wurden mit großer Wahrscheinlichkeit im Zusammenhang mit dem Feldzug Domitians in das Main-Taunusgebiet in den Jahren 83 - 85 n. Chr. angelegt.
Das Kohortenkastell von Niedernberg war bis 244 / 249 n. Chr. mit ca. 500 Soldaten (davon etwa 120 Reiter) belegt.
Das römische Steinkastell mit ca. 2.2ha Fläche, von dem heute nichts mehr sichtbar ist, lag im alten Ortskern. Hinweistafeln mit dem Kastellgrundriss und Bodenmarkierungen an den ehemaligen Kastelltoren informieren über das Kastell. An der porta principalis sinistra steht die Bronzestatue (Neuentwurf) eines Auxilliarsoldaten. Das Achsenkreuz der Hauptlagerstraßen entspricht dem heutigen Kreuzungsbereich von Hauptstraße und Schulstraße.
Der bekannteste und bedeutendste Fund ist die Brunnenmaske. Sie ist in ihrer Art, am Limes nördlich der Alpen, einzigartig. Der als Wasserspeier ausgebildete Silenskopf, ist vollständig aus Bronze gefertigt und diente einst als Auslauf an einer Brunnenanlage. Die Brunnenmaske befindet sich, wie auch der Marcellusstein, (ein Grabstein, der Auskunft über die hier stationierte Kohorte gibt) im Stiftsmuseum von Aschaffenburg.
Bereits im 18. Jahrhundert gelangte ein römischer Altarstein nach Fulda, später in das dortige Dommuseum.
Reihengräberzeit 5. – 9. Jh. n. Chr.
Eine weitere historische Epoche verkörpert das merowingisch-fränkische Reihengräberfeld, das zwischen den Jahren 1930 - 1978 freigelegt, wissenschaftlich bearbeitet und ausgewertet wurde. Es lag etwa 800 Meter nördlich des Altortbereiches an der Straße nach Aschaffenburg. Dort konnten Bestattungen vom 5. bis 9. Jahrhundert nachgewiesen werden. Viele dieser Funde befinden sich im Aschaffenburger Stiftsmuseum.
Funde im Aschaffenburger Stiftsmuseum
Mittelalter
Urkundlich wird Niedernberg erstmals im Jahre 1095 erwähnt. Nach einer Schenkungsurkunde vermachte Diemar de Niderenburc dem Kloster Lorsch an der Bergstraße für den Unterhalt seines Tochterklosters Steinbach im Odenwald eine halbe Hube Land seines Besitzes in Pfungstadt. Bereits im Jahre 1340 wurde die Kapelle zu Niedernberg, aus der wahrscheinlich die heutige Pfarrkirche mit dem Cyriakus-Patrozinium hervorging, mit kleinen Vermächtnissenbedacht. Turm und "Alter Chor" aus der Bauzeit von 1461 sind noch erhalten. Zwei gestalterisch tiefgreifende Umbau- und Erweiterungsmaßnahmen wurden in den Jahren 1897 und 1931 unter Pfarrer Seubert durchgeführt, wobei das Kirchengebäude sein heutiges malerisches Aussehen erhielt.
Nordwestlich des heutigen Dorfbereiches befand sich über mehrere Jahrhunderte die Richtstätte der einstigen "Cent Bachgau", zu der auch Niedernberg noch im späten Mittelalter gehörte. Das Centgericht selbst tagte in Großostheim, von dort hatten die Delinquenten ihren letzten Gang über den Galgenweg zum Richtplatz im Niedernberger Tannenwald „Galgentannen“ anzutreten.
Die kulturelle Entwicklung und die Besiedlung dieses Wirtschaftsraumes wurden von den natürlichen Gegebenheiten maßgebend beeinflusst. Alte, vorgeschichtliche Handelswege, die in die Salzgebiete des Spessarts führten und so den Odenwald mit dem Spessart verbanden, durchquerten hier an einer natürlichen Furt das urwüchsige Flussbett des Maines. Später entstand an dieser Stelle das "Fahr" - die Mainüberfahrt mit der Fähre, die bis 1994 als Bindeglied zwischen dem Bachgau und den Grundgemeinden diente. Inzwischen wurde sie von der neuen Mainbrücke, die 2001 dem Verkehr übergeben wurde, abgelöst.
Neuzeit
Bis weit in das 19. Jahrhundert hinein war Niedernberg mit einer wehrhaften Dorfmauer umgeben, von welcher heute noch Teilstücke erhalten sind. Trotzdem hatten die Einwohner unter den durchziehenden Truppen oftmals schwer zu leiden. Allein während des Dreißigjährigen Krieges ging die Bevölkerungszahl auf beinahe ein Zehntel ihres vorherigen Bestandes zurück. Auch in den Napoleonischen Kriegen wurden die Bürger schwer in Mitleidenschaft gezogen. Entweder mussten sie Kriegsdienste verrichten oder durchziehende Horden nahmen ihnen ihre letzte Habe. Krankheiten mit verheerenden Folgen traten auf. Missernten und soziale Notlagen zwangen deshalb während des 19. Jahrhunderts zahlreiche Bürger die angestammte Heimat zu verlassen und das Glück im fernen Amerika zu suchen.
Aus den großen Weltkriegen des 20. Jahrhunderts kehrten viele nicht mehr heim. Oft mussten die Frauen, nachdem ihre Männer im Krieg gefallen waren, ihre Kinder alleine großziehen. Währungsreformen entwerteten das wenige Geld. Aber immer wieder begann der Neuaufbau der Heimat. Heimatvertriebene und Flüchtlinge wurden im Ort integriert. Neue Bau- und Industriegebiete wurden ausgewiesen, um Arbeitsplätze und Wohnungen für die Einwohner zu schaffen.
Seit 1975 verbindet Santes in Nordfrankreich und Niedernberg eine Städtepartnerschaft.
Inzwischen hat sich Niedernberg strukturell gänzlich verändert und von der ländlichen Idylle ist wenig geblieben. Durch ihre verkehrsgünstige Lage und dank einer gesunden Infrastruktur ist Niedernberg ein attraktiver Gewerbe und Industriestandort geworden.
Doch nicht nur Infrastruktur und Arbeitsplätze, sondern vor allem die hier gebotene Lebensqualität stimmt und macht das Leben angenehm. Das Arbeiten im Ort oder in der nahen Umgebung mit familienfreundlichen Betreuungsangeboten für Kleinkinder und Schulkinder geben den Eltern bestmögliche Unterstützung.
Die geografische Lage bietet viele Möglichkeiten sportlich tätig zu werden oder auch nur die Umgebung zu genießen. Die naturnahe Seenplatte, die aus einem Kiesabbaugebiet entstanden ist lädt zum Schwimmen, Segeln und Surfen ein, ein Rundwanderweg führt durch die schöne Naturlandschaft. Mainradweg und Limesradweg führen am Maintal entlang.