25.03.2020
Heute erklären wir Ihnen den Ablauf einer Gemeinderatssitzung.
VOR der Sitzung
Vorbereitung
Der erste Bürgermeister (=Vorsitzender) bereitet die Beratungsgegenstände vor. Sollte er bei einem Tagesordnungspunkt persönlich beteiligt sein, handelt sein Vertreter.
Vorbereitung heißt, dass der erste Bürgermeister zu jedem Tagesordnungspunkt alle tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkte geklärt und mögliche Entscheidungsalternativen aufgezeigt hat. Des Weiteren kann er auch einen Bediensteten aus der Gemeinde (Geschäftsleiter, Kämmerer, …) oder eine andere Person (Ingenieur, Architekt, …) als „Gutachter“ zur Sitzung hinzuziehen.
Die Vorbereitung der Beratungsgegenstände kann der erste Bürgermeister jedoch auch auf seine Stellvertreter, ein Gemeinderatsmitglied oder einen Gemeindebediensteten übertragen.
Tagesordnung
Der erste Bürgermeister beruft den Gemeinderat unter Angabe der Tagesordnung ein. Zuerst wird die Tagesordnung erstellt, dann an die Gemeinderatsmitglieder verschickt und zuletzt spätestens am dritten Tag vor der Sitzung ortsüblich (z. B. Amtsblatt) bekanntgegeben.
IN der Sitzung
Sitzungszwang
Der Gemeinderat beschließt in Sitzungen, d. h. die Mitglieder des Gemeinderats müssen persönlich zusammenkommen. Ein telefonischer Beschluss oder ein Beschluss per E-Mail-Abfrage ist somit ausgeschlossen.
Beschlussfähigkeit
Der Gemeinderat kann nur gültige Beschlüsse fassen, wenn er beschlussfähig ist. Er ist beschlussfähig, wenn sämtliche Mitglieder ordnungsgemäß geladen1 sind und die Mehrheit der Mitglieder anwesend2 und stimmberechtigt ist.
Wann ist man stimmberechtigt?
Stimmberechtigt ist man, wenn man nicht persönlich an einem Beschluss beteiligt ist, d. h. wenn der Beschluss nicht einem selbst, nicht einem Angehörigen, nicht einer anderen Person oder einem Unternehmen oder sonstigen Vereinigungen (offene Handelsgesellschaften, rechtsfähige Vereine, etc.) einen unmittelbaren Vorteil oder Nachteil bringt.
Persönliche Voraussetzungen:
Zu den Angehörigen gehören
- der Verlobte
- der Ehegatte/Lebenspartner,
- Verwandte und Verschwägerte gerader Linie,
- Geschwister,
- Kinder der Geschwister (Neffen, Nichten),
- Ehegatten/Lebenspartner der Geschwister und Geschwister des Ehegatten/Lebenspartners,
- Geschwister der Eltern,
- Pflegeeltern und Pflegekinder.
Beispiel:
Der Gemeinderat beschließt über den Ankauf eines Grundstücks.
1. Das Grundstück gehört der Schwiegermutter des zweiten Bürgermeisters.
-> persönliche Beteiligung liegt vor = nicht stimmberechtigt
2. Das Grundstück gehört einer Cousine eines Gemeinderatsmitglieds.
-> persönliche Beteiligung liegt nicht vor = stimmberechtigt
Sachliche Voraussetzungen
Die sachlichen Voraussetzungen liegen nur dann vor, wenn der Beschluss einen unmittelbaren Vorteil oder Nachteil bringt. Es ist nicht erforderlich, ob tatsächlich ein unmittelbarer Vorteil oder Nachteil eintritt sondern es genügt, dass einer möglich wäre.
Ein unmittelbare Vor- oder Nachteil führt nur dann zum Mitwirkungsverbot, wenn ein individuelles Sonderinteresse (Individualinteresse) besteht, wie z. B. bei Erteilung einer Baugenehmigung.
Es gibt dagegen kein Mitwirkungsverbot, wenn der Beschluss zu einem unmittelbaren Vor- und Nachteil einer Berufs- oder Bevölkerungsgruppe führt, der das Mitglied des Gemeinderats angehört (Gruppeninteresse).
Auch ist ein Mitglied des Gemeinderats von der Beratung und Abstimmung ausgeschlossen, wenn er ein Gutachten in nicht öffentlicher Eigenschaft (Privatgutachten) abgegeben hat.
Bei Wahlen oder bei Beschlüssen, bei denen eine Person zum Mitglied eines Ausschusses bestellt oder in eine andere Einrichtung entsendet wird, gilt das Mitwirkungsverbot nicht
Des Weiteren ist jedes Mitglied des Gemeinderats verpflichtet, vor Eintritt in die Beratung zu dem entsprechenden Tagesordnungspunkt unaufgefordert dem Vorsitzenden mitzuteilen, dass eine mögliche persönliche Beteiligung vorliegt. Ob er persönlich beteiligt ist muss der Vorsitzende vor Eintritt in die Beratung durch Beschluss entscheiden (Feststellungsbeschluss).
Ob diese Voraussetzungen erfüllt sind entscheidet der Gemeinderat ohne Mitwirkung des persönlich Beteiligten.
Sollte der persönlich Beteiligte am Beschluss mitwirken, wäre der Beschluss unwirksam, wenn seine Stimme für das Abstimmungsergebnis entscheidend war.
NACH der Sitzung
Die Verhandlungen im Gemeinderat sind in einer Niederschrift festzuhalten. Die Niederschrift dient Beweiszwecken, ist die Grundlage für den Vollzug des Beschlusses und für die Kontrolle durch die Aufsichtsbehörden. Deshalb muss die Niederschrift auch schriftlich sein!
Zum Mindestinhalt der Niederschrift gehören
- der Tag und Ort der Sitzung,
- die Namen der anwesenden Gemeinderatsmitglieder,
- die Namen der abwesenden Gemeinderatsmitglieder mit Abwesenheitsgrad,
- die behandelten Gegenstände,
- die Beschlüsse und
- die Abstimmungsergebnisse.
Des Weiteren ist die Niederschrift vom Bürgermeister und vom Schriftführer zu unterschreiben. Unter anderem haben die Gemeinderatsmitglieder das Recht jederzeit sämtliche Niederschriften des Gemeinderats einzusehen und sich Abschriften der in öffentlicher Sitzung gefassten Beschlüsse geben zu lassen. Damit Gemeinderatsbeschlüsse Außenwirkung erlangen, müssen sie zuerst umgesetzt werden. Hierfür ist der Bürgermeister zuständig. Dieser ist dafür berechtigt und verpflichtet.
Für die Kreistagssitzung gilt dieser Ablauf entsprechend, nur dass der Landrat hier den Vorsitz hat.
1 Der Bürgermeister muss alle Gemeinderatsmitglieder schriftlich unter Angabe der Tagesordnung zur Gemeinderatssitzung einladen.
2 Bei der Gemeinderatssitzung muss mehr als die Hälfte der Gemeinderatsmitglieder anwesend sein.
Viele Grüße
Ihre Auszubildenden und Praktikanten
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