Allerheiligen 2020 - Ansprache zum Totengedenken

Die Verantwortlichen mussten abwägen, eine Begegnung von mehreren hundert Menschen zu organisieren oder in der aktuellen Situation kein weiteres Ansteckungsrisiko eingehen zu wollen. Allerheiligen ist ein Tag, der die Niedernberger Familien zusammenbringt. Von überall her kommen die Familienmitglieder am Grab zusammen und treffen sich danach zu Hause. Das Virus kennt keine Ortsgrenzen oder Familienverbünde, ist unter uns und verbreitet sich unbemerkt. Deshalb gilt überall Vorsicht, Abstand und Eigenverantwortung!

Im Bewusstsein, dass die ganze Welt aktuell aus dem Anker gerät, die Menschen auf dem ganzen Globus von der Pandemie in Atem gehalten werden, Millionen bereits betroffen sind und alle gesundheitlichen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Folgen noch nicht absehbar sind, so werden wir doch diese Zeit überstehen.

Wir müssen die Kontrolle über die Auswirkungen des Corona-Virus behalten, dann werden die Erschwernisse und die Zumutungen, im beruflichen, im privaten oder im gesellschaftlichen Leben wieder geringer werden. Dafür tragen wir gemeinsam Verantwortung und haben es selbst in der Hand. Mit Rücksicht kommen wir weiter! Geben wir dabei aufeinander acht!

Ich habe aktuell kein Verständnis für die, die gerade öffentlich, insbesondere in den sozialen Medien hetzen! Da werden abstruse Vergleiche angestellt. Es werden Entscheidungen, Maßnahmen zur Pandemiebekämpfung, mit Parallelen zur Nazi-Herrschaft, zu Willkür und Diktatur gezogen. Wer so eingestellt ist, wer diese Gedankenverknüpfungen bringt, verhöhnt die Millionen Opfer der Weltkriege, die Opfer von Verfolgung und Gewaltherrschaft. Kriege, Gräueltaten, das damit verbundene Leid der Menschen ist durch nichts zu relativieren. Das hat nichts mit Meinungsfreiheit zu tun.

Deswegen, sollten wir es uns nicht zu leicht machen und immer wieder ermahnen und auch diesen kruden Vorstellungen stets entgegentreten.

Demokratie schützen, zu wahren, sich einzusetzen für die Freiheit – das ist wichtig und unsere Pflicht.

Deswegen:

Wir gedenken der Opfer von Krieg und Gewalt,
der Soldaten, die in den beiden Weltkriegen gefallen, ihren Verwundungen erlegen, in Gefangenschaft gestorben oder seither vermisst sind, der Männer, Frauen und Kinder aller Völker, die durch Kriegshandlungen ihr Leben lassen mussten.

Wir gedenken
derer, die im Widerstand, die um ihrer Überzeugung oder ihres Glaubens willen Opfer von Gewaltherrschaft wurden, und derer, die verfolgt und getötet wurden, weil sie einem anderen Volk angehörten; einer anderen Rasse zugerechnet wurden oder deren Leben wegen einer Krankheit oder Behinderung als lebensunwert bezeichnet wurde.

Wir gedenken
der Männer, Frauen und Kinder, die in der Folge des Krieges auf der Flucht oder bei der Vertreibung aus der Heimat und im Zuge der Teilung Deutschlands und Europas ihr Leben verloren.

Wir gedenken
der Bundeswehrsoldaten und anderer Einsatzkräfte, die in Ausübung ihres Dienstes ihr Leben ließen.

Wir trauern
um die Opfer der Kriege und Bürgerkriege unserer Tage,
um die Opfer von Terrorismus und politischer Verfolgung,
um die Opfer sinnloser Gewalt, die bei uns Schutz suchten.

Wir trauern
mit den Müttern und mit allen, die Leid tragen, um die Toten.
Doch unser Leben gilt der Hoffnung auf Versöhnung unter den Menschen und Völkern und auf Frieden in der Welt.

Ihnen zu Ehren lege ich einen Kranz an der Ehrentafel am Friedhof nieder!

Passen Sie aufeinander acht und bleiben Sie gesund!

Ihr Bürgermeister, Jürgen Reinhard